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Mix it like Learning Teil 2 - Selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen praktisch umgesetzt

Ein Barkeeper, dier die Wörter Mensch, Praxis und Kultur zu einem Cocktail mischt.

Wenn du Teil 1 dieser Reihe gelesen hast, weißt du: Selbstgesteuertes Lernen ist kein Standard-Cocktail. Es besteht aus drei entscheidenden Komponenten: den Zutaten (Kompetenzen, Motivation, Struktur), dem Barkeeper (der lernenden Person mit ihren individuellen Voraussetzungen) und der Bar & Ausstattung (also der Organisation mit Haltung, Raum, Tools und Kultur).


Diese drei Elemente müssen aufeinandertreffen. Bleibt eine davon aus, wird Lernen schnell zur Überforderung. Deshalb geht es in Teil 2 um die Praxis: Was kannst du konkret als HR, Führungskraft oder Learning Designer*in konkret tun, um diese Komponenten miteinander zu verbinden?

Warum guter Wille oft scheitert

Viele Organisationen wünschen sich selbstgesteuertes Lernen und erlauben es auch. Doch an der Umsetzung hapert es oft. Es fehlt an klarer Ausrichtung, an strategischer Begleitung und an der ehrlichen Auseinandersetzung mit dem, was Lernen im Unternehmenskontext überhaupt ermöglicht oder verhindert.

Oft wird eine Lernplattform eingeführt und Lernzeit „freigegeben“, aber ohne Klarheit, Ziele oder individuelles Feedback. Lernen soll irgendwie nebenher geschehen. Das klingt gut, funktioniert aber selten. Mitarbeitende wissen nicht, was erwartet wird. Führungskräfte gehen davon aus, dass Eigenverantwortung automatisch zu Lernaktivität führt. Und HR fragt sich, warum die Nutzungszahlen stagnieren.

Die Antwort liegt selten im „Wollen“ der Mitarbeitenden. Sie liegt fast immer im „Wie“ des Rahmens. Lernen muss strukturell und organisationell ermöglicht werden.



Orientierung schaffen – das Stufenmodell

Selbststeuerung ist kein binärer Zustand. Menschen entwickeln sich. Wer das ignoriert, überfordert Lernende oder unterschätzt ihren Entwicklungsbedarf. Ein hilfreiches Modell ist deshalb unser abgewandeltes 4-Stufen-Modell zur Lernentwicklung. Es beschreibt, wo sich Lernende praxisnah beim selbstgesteuerten Lernen im Unternehmenskontext einsortieren und schrittweise entwickeln können.


4-Stufen-Modell zur EInschätzung, wo ich beim selbstgesteuerten Lernen stehe. HR und FÜrhungskräfte können dies nutzen, um ihre Mitarbeitenden dabei zu unterstützen. Es unterteilt sich in Orientierung, Aufbau, Anwendung und Gestaltung.

In der ersten Stufe, der Orientierung, sind Lernende unsicher, wenig strukturiert und oft zurückhaltend. Sie brauchen enge Begleitung, klare Rahmen und niedrigschwellige Angebote. In der zweiten Stufe, dem Aufbau, gelingt erste Selbstorganisation. Hier helfen Zielvereinbarungen, begleitete Reflexion und eine Mischung aus Struktur und Autonomie.

In der dritten Stufe, der Anwendung, wird Lernen zielgerichtet selbstorganisiert. Feedback, Peer-Learning und Ressourcenzugang sind hier entscheidend. Und in der vierten Stufe, der Gestaltung, werden Lernende selbst zu Impulsgeber*innen. Sie brauchen Gestaltungsspielräume, strategischen Dialog und sinnvolle Einbettung, um sich selbstwirksam zu fühlen.


Aber Achtung: Das Modell suggeriert, dass man diesen Prozess nur einmalig durchläuft. Dem ist nicht so. Selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen verläuft nicht in einer klaren Linie. Die vier Stufen beschreiben typische Entwicklungsschritte, aber nicht jede*r durchläuft sie gleich oder in derselben Reihenfolge. Je nach Thema, Situation oder Lernumfeld kann man sich auf einer höheren Stufe sicher fühlen und beim nächsten Lernvorhaben wieder ganz am Anfang stehen.


Das Modell hilft jedoch, Orientierung zu geben. Und es zeigt: Jeder Mensch hat immer wieder einen ganz individuellen Startpunkt, den es herauszufinden gilt. Wer das erkennt, kann viel gezielter begleiten.

Das 4-Stufen-Modell hilft Orientierung zu geben. Und es zeigt: Jeder Mensch hat immer wieder einen ganz individuellen Startpunkt, den es herauszufinden gilt. Wer das erkennt, kann viel gezielter begleiten.



Quick-Formate für selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen

Nicht alles braucht ein aufwendiges neues Programm. Manchmal reicht es, kleine Dinge zu verändern und so den Prozess agil anzustoßen.

Du kannst zum Beispiel Lernzeit in den Kalendern eintragen. Dabei ist wichtig, dass dies als legitimer Teil der Arbeitszeit angesehen wird. Du kannst Teammeetings dazu nutzen ab sofort ein paar Minuten dem Thema Lernen zu widmen und Austausch zu ermöglichen (z.B. mit der Frage „Was hast du letzte Woche gelernt?“). Oder du nutzt 1:1s nicht nur für Aufgaben, sondern auch für persönliche Entwicklung: „Was sind deine nächsten (Lern-)Ziele? Was brauchst du gerade? Wo siehst du Bedarf?“


Ein paar Mini-Formate, die direkt implementiert werden können:

  • Lern-Duos: Zwei Kolleg:innen verabreden sich zu regelmäßigem, kurzem Austausch. Es hilft dranzubleiben, stärkt Kompetenzen wie Selbstreflexion, Kommunikation und fördert die Verbidnlichkeit.

  • Peer-Feedback: Gezieltes Feedback (gerne mithilfe eines Leitfadens zu Beginn) unter Kolleg:innen zu Lernfortschritten oder kleinen Experimenten. Fördert Eigenverantwortung, Perspektivwechsel und konstruktives Lernen auf Augenhöhe. Wichtig: Rahmen klären, keine Beurteilung. 

  • Micro-Learnings: 5–15 Minuten Lernimpuls (Video, Text, Tool), direkt ergänzt durch 1–2 Reflexionsfragen. Ideal für enge Zeitfenster. Die Reflexion macht aus Konsum ein Lernprozess.

  • Journaling: Kurzes, regelmäßiges Notieren von Lernimpulsen, Aha-Momenten oder offenen Fragen. Fördert Metakognition, klärt innere Prozesse und macht Lernen sichtbar.

  • WOOP-Methode (Wish – Outcome – Obstacle – Plan): Ein Zielsetzungs-Tool zur Selbststeuerung, schriftlich oder im Gespräch. Hilft, Motivation mit Realität zu koppeln und konkrete Schritte zu entwickeln.

  • Reflexionskarten im Team: 1 Karte – 1 Frage. Z. B. „Was habe ich heute dazugelernt?“ oder „Wen habe ich inspiriert?“. Kann spontan im Daily oder bei Meeting-Starts eingesetzt werden.

  • Lern-Schnack (digital oder vor Ort): 15–30 Minuten offener Austausch über kleine Learnings oder Experimente. Niedrigschwelliger als formale Präsentationen. Funktioniert gut über Mittag oder in offenen Formaten.

  • Communities of Practice: Freiwillige Lerngruppen zu konkreten Themen, z. B. „agile Kommunikation“ oder „digitale Tools“. Teilnehmende teilen Wissen, reflektieren Praxis und gestalten neue Ideen mit. Und das kann sehr gut mit dem Lern-Schnack kombiniert werden.

  • Lernfreitage / Time Boxing: Fixe Zeiten im Kalender, z. B. 1 Stunde freitags für individuelles Lernen. Schafft Sichtbarkeit und Legitimität. Optional: Team teilt Highlights informell.


Für Lernstarter:innen eignen sich z. B. Lern-Duos, strukturierte Micro-Learnings mit Reflexionsfragen oder regelmäßige Check-ins. Menschen auf dem Weg zur Selbstorganisation profitieren von Peer-Feedback, klaren Zielen und etwas mehr Freiraum. Wer bereits erfahren ist, möchte oft mehr gestalten, etwa durch Communities of Practice oder partizipative Formate.

Quick-Formate können trotz geringen Aufwand große Effekte zeigen. Welches Format zu Ihnen und Ihren Mitarbeitenden passt, gilt es auszuprobieren und auch Fehlschläge (mit Humor und Gelassenheit) auszuhalten. Trial und Error ist die Devise.

Struktur und Kultur gehören zusammen

Wenn du weißt, wo deine Zielgruppe steht, kannst du deine Lernformate strategischer einsetzen. Denn nicht jede Maßnahme funktioniert für jede Person oder Stufe gleich. Viel wichtiger aber: Selbstgesteuertes Lernen ist kein kurzfristiges Projekt. Es muss über längere Zeit hinweg entwickelt, begleitet und kulturell getragen werden.


Dafür braucht es ein Zusammenspiel auf drei Ebenen, die alle ineinander greifen:


Die Ebene "Mensch"

Hier geht's um das Erkennen der Entwickeln individueller Voraussetzungen

  • Welche Kompetenzen sind bereits vorhanden – und wo braucht es gezielte Entwicklung?

  • Wer steht wo im Stufenmodell?

  • Wie sieht die individuelle Motivation aus? Was treibt deine Mitarbeitenden an?

  • Was wollen sie für sich selbst erreichen – unabhängig vom Unternehmenserfolg?

Die Rolle von HR/Führung ist es, die Lernprozesse differenziert zu begleiten oder jemanden dafür einzustellen (Stichwort Lernbegleitung).


Die Ebene "Struktur"

Lernen im Unternehmenskontext braucht verlässliche Zeit, Zugänglichkeit und anschlussfähige Prozesse. Das Ziel ist es, Lernen zu legitimieren und strukturell zu ermöglichen

  • Gibt es im Alltag feste Freiräume, klare Lernzeitfenster, gut zugängliche Ressourcen?

  • Fördern Prozesse bereits integriertes Lernen – oder steht Lernen noch „neben“ der Arbeit?

  • Welche wiederkehrenden Routinen und Formate helfen, Lernen selbstverständlich zu machen?

HR/Führung setzt den Rahmen und macht es möglich. Organisationsentwicklung fließt in diesen Prozess ein.


Die Ebene "Kultur"

Das Entwicklung einer Lernkultur hat das Ziel, eine lernfördernde Haltung zu verankern. Das passiert mit Authentizität und Offenheit.

  • Wird Lernen sichtbar wertgeschätzt – oder eher still mitgeduldet?

  • Gibt es echte Vorbilder und gelebte Offenheit, oder bleibt Lernen Privatsache?

  • Wie wird mit Fehlern umgegangen? Ist Feedback konstruktiv – oder riskant?

Die Rolle von HR/Führung: Haltung prägen, Lernverhalten vorleben, emotionale und psychologische Sicherheit schaffen.

Langfristig wirksam wird selbstgesteuertes Lernen nur dann, wenn du es als strategisches Zusammenspiel von Mensch, Struktur und Kultur begreifst. Jede dieser Ebenen sollte gezielt entwickelt werden.


Reflexion und Retrospektiven als Kompass

Doch wo stehst du gerade? Wenn du nicht weißt, wo du stehst, kannst du nicht entscheiden, wohin du willst. Diese Reflexionsfragen helfen dir, deinen Status quo einzuschätzen:

  • Wie wird Lernen in unserem Unternehmen gesehen? Als Arbeit oder Nebensache?

  • Gibt es echte Vorbilder, die Lernen leben?

  • Wie leicht fällt es meinen Kolleg:innen, Lernzeit aktiv zu nutzen? Wie viel Raum wird im Alltag dafür gegeben?

  • Wie offen ist die Unternehmenskommunikation? Ist eine positive Fehlerkultur etabliert?

  • Erlauben unsere Prozesse (selbstgesteuertes) Lernen?

  • Wie stark ist der Support für Menschen, die sich überfordert fühlen?


Fühlst du dich vielleicht gerade überfordert? Wo sollen wir als Unternehmen anfangen? Wie soll das alles gehen? Selbstgesteuertes Lernen strategisch zu verankern kann sich überwältigend anfühlen. Aber du musst das nicht allein angehen. Wir begleiten dich gerne dabei.


Fülle jetzt das Kontaktformular aus und vereinbare deine kostenfreie, unverbindliche Erstberatung.


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