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Mix it like Learning – Selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen richtig zusammensetzen

Aktualisiert: 11. Aug.

ein Barkeeper, der die Wörter Kompetenz, Struktur und Motivation zu einem Cocktail mixt.

Wenn du einen Barkeeper fragst, was einen guten Cocktail ausmacht, wird er dir vermutlich antworten: Es braucht ein stimmiges Verhältnis der Zutaten, gutes Timing, ein wenig Erfahrung und jemanden, der weiß, wann man shaken oder rühren muss. Genauso ist es beim selbstgesteuerten Lernen.


In diesem Teil 1 einer zweiteiligen Reihe geht es um die richtigen Zutaten: Welche Kompetenzen braucht es für selbstgesteuertes Lernen? Warum sind Motivation und Bedürfnisse dabei so entscheidend? Und was folgt daraus ganz grundsätzlich für Lernkultur, Führung und Personalentwicklung?


Teil 2 widmet sich dann ganz konkret dem Rezept, also der Praxis: Welche Formate, Strukturen und Impulse helfen dir als L&D, Führungskraft oder Learning Designer*in, um selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen wirksam zu gestalten?



Es ist wie bei Cocktails

Wenn wir über selbstgesteuertes Lernen sprechen, neigen wir dazu, über „die eine“ Kompetenz oder „das“ Mindset zu sprechen. In Wahrheit ist es jedoch viel komplexer und viel individueller. Stell dir die nötigen Fähigkeiten wie Zutaten eines Cocktails vor:

  • Bei der einen Person ist Selbstorganisation stark ausgeprägt, aber es fehlt an Motivation.

  • Die andere bringt kritisches Denken mit, hat aber wenig Erfahrung mit digitalen Tools.

  • Wieder andere sind hoch motiviert, aber es fehlt ihnen an Reflexion oder Zielklarheit.


Jede*r hat einen eigenen „Mix“. Und der verändert sich je nach Rolle, Situation, Erfahrung oder Stimmung. Deshalb ist Selbststeuerung nicht die eine Kompetenz. Es besteht aus vielen Kompetenzen, die schlussendlich die Komposition ergeben.



Welche Kompetenzen braucht selbstgesteuertes Lernen?

Bleiben wir bei der Cocktail-Analogie. Ein guter Cocktail besteht nicht nur aus hochwertigen Zutaten. Es kommt auch auf das richtige Verhältnis und Zusammenspiel an. Genauso ist es mit den Kompetenzen, die für selbstgesteuertes Lernen entscheidend sind. Manche Menschen bringen bestimmte Fähigkeiten bereits mit, die andere erst entwickeln müssen.


Es braucht viele Fähigkeiten, wie zum Beispiel sich selbst zu führen, sich zu reflektieren, sich zu organisieren und auch mit Frust oder Unsicherheit umzugehen. Diese Kompetenzen müssen oft entwickelt werden. Und die Liste ist lang. Hier findest du im folgenden Bild einen Überblick zentraler Fähigkeiten, die es aus unserer Erfahrung her braucht, um selbstgesteuert lernen zu können.


Illustration von fünf Cocktailgläsern, jeweils mit einer Überschrift für einen Kompetenzbereich: Kognitiv, Emotional, Selbstführung, Sozial und Strategisch. Unter jedem Glas sind stichpunktartig relevante Kompetenzen aufgelistet, z. B. „Zielorientierung“ oder „Selbstorganisation“. Die Grafik zeigt symbolisch, dass selbstgesteuertes Lernen viele verschiedene Fähigkeiten aus unterschiedlichen Bereichen erfordert. Fußnote verweist darauf, dass die Kategorisierung auf einer eigenen Praxiseinschätzung basiert.
Sicht aus der Praxis: Kompetenzen für selbstgesteuertes Lernen in Unternehmen.

Wichtig: Diese Kompetenzen sind keine Checkliste. Sie sind ein Orientierungsrahmen und du kannst dabei helfen, dass jede*r Lernende seinen ganz eigenen Mix findet. Schritt für Schritt.



Drei Zutaten für selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen

Nachdem du nun gesehen hast, welche Kompetenzen notwendig sind, stellt sich die Frage: Welche Zutaten braucht es darüber hinaus, damit Selbststeuerung im Unternehmensalltag mit unterschiedlichen Persönlichkeiten gelingt? Drei Zutaten sind entscheidend.



Zutat 1: Selbstgesteuertes Lernen braucht mehr als Freiraum. Es muss ermöglicht und aufgebaut werden.

Selbstgesteuertes Lernen ist kein Selbstläufer. Viele Organisationen gehen davon aus, dass Mitarbeitende von allein ins Lernen kommen, wenn sie Zeit und Zugang zu Lernangeboten haben. Doch das greift zu kurz. Selbststeuerung entsteht nicht einfach durch Freiraum.


Wir haben bisher gelernt:

  • Es setzt Fähigkeiten voraus.

  • Diese Fähigkeiten sind erlernbar.


Selbststeuerung braucht also aktive Unterstützung! Und gerade weil nicht alle Lernenden gleich weit sind, braucht es abgestufte Unterstützung je nach Entwicklungsstufe. Deshalb haben wir uns an einem 4-Stufen-Modell versucht. Es beschreibt vier typische Entwicklungsstufen, beginnend von ersten Orientierungsschritten bis hin zu selbstwirksamer Gestaltung. Du kannst es nutzen, um besser einzuschätzen, welche Form der Unterstützung Lernende jeweils brauchen und wo du gezielt ansetzen kannst:


Stufe


Merkmale

Bedarfe

Risiken bei Überforderung

1

Orientierung

Lernende sind unsicher, unstrukturiert, wenig eigeninitiativ

Klare Rahmen, enges Lerncoaching, strukturierte Lernangebote

Rückzug, Demotivation

2

Aufbau

Erste Selbstorganisation gelingt, Motivation wächst

Feedback, einfache Zielvereinbarung, begleitete Reflexion

Überforderung durch zu große Wahlfreiheit

3

Anwendung

Selbststeuerung funktioniert, Lernen wird zielgerichtet

Ressourcen (Zeit, Zugang), Peer-Learning, sichtbare Wirkung

Frust bei fehlender Anerkennung

4

Gestaltung

Lernende treiben Lernprozesse aktiv mit, sind Impulsgebende

Gestaltungsräume, Plattformen, strategischer Dialog

Gefahr der Vereinsamung ohne Community

Fazit für dich: Selbststeuerung braucht nicht nur Freiraum, sondern gezielte Begleitung und Kompetenzaufbau. Und das bedeutet: Du solltest je nach Stufe differenziert unterstützen.



Zutat 2: Nicht alle wollen selbstgesteuert lernen und das muss ernst genommen werden.

Selbstgesteuertes Lernen verlangt nicht nur Kompetenzen, sondern auch die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen. Doch nicht jede*r bringt diesen Antrieb aus den unterschiedlichsten Gründen mit. Manche fühlen sich sicherer, wenn sie klare Vorgaben und Strukturen haben. Andere zweifeln an der Relevanz oder sehen keinen Sinn im Thema. Und wieder andere haben vielleicht Lust aufs Lernen, aber das Bedürfnis nach Anleitung, Austausch oder Sicherheit ist groß.


Kurzgesagt:

  • Motivation ist nicht gleich Handlung. Nur weil jemand interessiert ist, heißt das noch nicht, dass er selbstorganisiert ins Tun kommt.

  • Bedürfnisse sind unterschiedlich. Selbststeuerung ist kein Standard, der für alle passt und darf nicht erzwungen werden.

  • Organisationen müssen Rahmen schaffen, die Vielfalt ermöglichen. Punkt.


Fazit für dich: Nicht alle wollen selbstgesteuert lernen. Deine Aufgabe ist es, individuelle Lernbedürfnisse ernst zu nehmen und flexible Angebote zu schaffen, die sowohl Freiraum als auch Orientierung bieten.



Zutat 3: Selbstgesteuertes Lernen muss organisatorisch mitgedacht und konkret ermöglicht werden.

Viele Unternehmen wünschen sich Mitarbeitende, die eigenverantwortlich lernen. Doch oft fehlt es an den Strukturen, die das überhaupt ermöglichen: Zeitfenster, strategische Zielbilder, funktionierende Tools, Feedbackräume, klare Prioritäten.

Selbstverantwortung darf nicht bedeuten: „Mach mal, aber bitte nebenher.“ Sie muss eingebettet sein in Prozesse, Führung und Kultur, sonst bleibt sie Anspruch ohne Wirkung.


Kurzgesagt:

  • Lernzeit ist eine Ressource, die explizit eingeplant werden muss.

  • Lernräume müssen gestaltet werden. Technisch, zeitlich, kulturell.

  • Führung spielt eine Schlüsselrolle: nicht als Wissensgeberin, sondern als Ermöglicherin.

  • Strukturen, Formate und Tools müssen so gestaltet sein, dass sie zum Kompetenzstand, zur Motivation und zu den Aufgaben der Mitarbeitenden passen.


Fazit für dich: Selbstgesteuertes Lernen gelingt nur, wenn du konkrete Rahmen und Strukturen schaffst. Prozesse, Prioritäten und Führungshaltung.



Was wir mitnehmen

Selbstgesteuertes Lernen ist kein Selbstläufer. Drei Dinge braucht es dafür:


  1. Kompetenzen, die individuell entwickelt werden müssen,

  2. Motivation, die gefühlt und nicht erzwungen werden darf,

  3. Strukturen, die Lernprozesse ermöglichen.


Diese drei Zutaten bilden das Fundament für selbstgesteuertes Lernen. Aber eben noch kein vollständiges Rezept.

Denn auch die besten Zutaten entfalten erst im richtigen Zusammenspiel ihre Wirkung. Wie sieht ein gutes Rezept aus? Welche Formate, Impulse und Rahmenbedingungen führen dazu, dass selbstgesteuertes Lernen im Unternehmen gelingt?

Das erfährst du im zweiten Teil der Serie.

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Übrigens gibt es zu diesem Thema auch eine Podcast-Reihe von Lerngeflüster. In den Folgen 7-9 tauchen die Hosts Chantal Licht (LERNFUNKE) und Annika Meyer (clever together) tiefer in das Thema ein.





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